Difference between revisions of "Gebrauchsfrequenz"

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Joseph Greenberg erkannte als einer der ersten Sprachwissenschaftler, dass Frequenz ein omnipräsenter und einflussreicher Faktor in der Evolution von grammatischen Kategorien ist. Eine Beschreibung von frequenziellen Unterschieden könne sehr hilfreich sein, den status quo einer Einzelsprache zu verstehen (Greenberg 1966). Für Greenberg geht es vor allem um die Frequenz, mit der sprachliche Phänomene in Texten auftreten. Spätere Sprachwissenschaftler fassen die Gebrauchsfrequenz weiter und meinen damit das konkrete Vorkommen sprachlicher Einheiten in Kommunikationszusammenhängen.  
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Joseph Greenberg erkannte als einer der ersten Sprachwissenschaftler, dass Frequenz ein omnipräsenter und einflussreicher Faktor in der Evolution von grammatischen Kategorien ist. Eine Beschreibung frequenzieller Unterschiede könne sehr hilfreich sein, den status quo einer Einzelsprache zu verstehen (Greenberg 1966). Für Greenberg geht es vor allem um die Frequenz, mit der sprachliche Phänomene in Texten auftreten. Spätere Sprachwissenschaftler fassen die Gebrauchsfrequenz weiter und meinen damit das konkrete Vorkommen sprachlicher Einheiten in Kommunikationszusammenhängen.
  
 
== Gebrauchsfrequenz und Sprachwandel ==
 
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Die Veränderungen sowohl der Struktur morphologischer Formen als auch der Struktur des morphologischen Systems sind bedingt durch die auf die Gebrauchsfrequenz zurückgeführte Sprachökonomie. Hat ein Wort eine hohe Gebrauchsfrequenz, ist es gut im mentalen Lexikon des Sprechers verankert. Es ist darum weniger von sprachlichem Abbau und analogischem Ausgleich betroffen. Wörter mit hoher Gebrauchsfrequenz sind überdies stärker lexikalisiert als solche mit niedriger Gebrauchsfrequenz. Es lässt sich also ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Auftretens eines Wortes und seiner lexikalischen, beziehungsweise zusammengesetzten Wortform ausmachen. Bei häufigem Gebrauch eines Wortes lohnt es sich für den Sprecher, eine kurze und differenzierte Wortform im mentalen Lexikon gespeichert zu haben. Beispielsweise sind die Formen des Verbs 〈sein〉 in nahezu allen Sprachen kurz und mitunter suppletiv. Tritt ein Wort hingegen nur selten auf, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es über zusammengesetzte und durch Regeln vorhersagbare Wortformen verfügt, weitaus höher. Die Formen des deutschen Verbs 〈verballhornen〉 etwa sind durchgehend regelmäßig.  
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Die Veränderungen sowohl der Struktur morphologischer Formen als auch der Struktur des morphologischen Systems sind bedingt durch die auf die Gebrauchsfrequenz zurückgeführte [[Sprachökonomie]]. Hat ein Wort eine hohe Gebrauchsfrequenz, ist es gut im [[mentalen Lexikon]] des Sprechers verankert. Es ist darum weniger von sprachlichem Abbau und analogischem Ausgleich betroffen. Wörter mit hoher Gebrauchsfrequenz sind überdies stärker lexikalisiert als solche mit niedriger Gebrauchsfrequenz. Es lässt sich also ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Auftretens eines Wortes und seiner lexikalischen, beziehungsweise zusammengesetzten Wortform ausmachen. Bei häufigem Gebrauch eines Wortes 'lohnt' es sich für den Sprecher, eine kurze und differenzierte Wortform im mentalen Lexikon gespeichert zu haben. Beispielsweise sind die Formen des Verbs ''sein'' in nahezu allen Sprachen kurz und weisen mitunter [[Suppletion]] auf. Tritt ein Wort hingegen nur selten auf, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es über zusammengesetzte und durch Regeln vorhersagbare Wortformen verfügt, weitaus höher. Die Formen des deutschen Verbs ''verballhornen'' etwa sind durchgehend regelmäßig.  
  
Otmar Werner formuliert einen Zusammenhang zwischen der Gebrauchsfrequenz eines Wortes und den verschiedenen Verfahren seiner Beugung. Bei niedriger Gebrauchsfrequenz herrschten expandierende, analytische und periphrastische Verfahren vor, etwa bei der Präteritalform 〈kürte〉des Verbs 〈küren〉. Bei hoher Gebrauchsfrequenz hingegen dominierten komprimierende, synthetische und suppletive Verfahren, etwa bei der Präteritalform 〈dachte〉des Verbs 〈denken〉(Werner 1987).
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Otmar Werner formuliert einen Zusammenhang zwischen der Gebrauchsfrequenz eines Wortes und den verschiedenen Verfahren seiner Beugung. Bei niedriger Gebrauchsfrequenz herrschten expandierende, analytische und periphrastische Verfahren vor, etwa bei der Präteritalform ''kürte'' des Verbs ''küren''. Bei hoher Gebrauchsfrequenz hingegen dominierten komprimierende, synthetische und [[suppletiv]]e Verfahren, etwa bei der Präteritalform ''dachte'' des Verbs ''denken'' (Werner 1987).
Veränderungen der Gebrauchsfrequenz führen oft zu morphologischem Wandel. Der Übergang ehemals stark flektierter Verben zur schwachen Flexion, etwa 〈melken〉oder 〈backen〉 im Deutschen, kann demnach mit der Abnahme der Gebrauchsfrequenz erklärt werden. Eine Zunahme an Gebrauchsfrequenz begünstigt hingegen die Zunahme an Irregularität.
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Veränderungen der Gebrauchsfrequenz führen oft zu morphologischem Wandel. Der Übergang ehemals stark flektierter Verben zur schwachen [[Flexion]], etwa ''melken'' oder ''backen'' im Deutschen, kann demnach mit der Abnahme der Gebrauchsfrequenz erklärt werden. Eine Zunahme an Gebrauchsfrequenz begünstigt hingegen die Zunahme an Irregularität.
  
 
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Werner, Otmar. 1987. Natürlichkeit und Nutzen morphologischer Irregularität. In: Boretzky, Norbert (ed.). 1987. ''Beiträge zum 3. Essener Kolloquium über Sprachwandel und seine bestimmenden Faktoren''. Bochum: Brockmeyer, 289–316.
 
Werner, Otmar. 1987. Natürlichkeit und Nutzen morphologischer Irregularität. In: Boretzky, Norbert (ed.). 1987. ''Beiträge zum 3. Essener Kolloquium über Sprachwandel und seine bestimmenden Faktoren''. Bochum: Brockmeyer, 289–316.
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Definition

Gebrauchsfrequenz (auch Tokenfrequenz) ist ein Terminus der Sprachökonomie und beschreibt die Häufigkeit des Auftretens sprachlicher Erscheinungen. Diese Erscheinungen können sowohl konkrete sprachliche Einheiten sein, etwa Lexeme, als auch abstraktere Strukturen, etwa grammatische Kategorien. Mithilfe der Gebrauchsfrequenz erklären manche Sprachwissenschaftler (je nach theoretischer Vorüberlegung) diachrone Veränderungen in einer Einzelsprache.

Begriffsgeschichte

Joseph Greenberg erkannte als einer der ersten Sprachwissenschaftler, dass Frequenz ein omnipräsenter und einflussreicher Faktor in der Evolution von grammatischen Kategorien ist. Eine Beschreibung frequenzieller Unterschiede könne sehr hilfreich sein, den status quo einer Einzelsprache zu verstehen (Greenberg 1966). Für Greenberg geht es vor allem um die Frequenz, mit der sprachliche Phänomene in Texten auftreten. Spätere Sprachwissenschaftler fassen die Gebrauchsfrequenz weiter und meinen damit das konkrete Vorkommen sprachlicher Einheiten in Kommunikationszusammenhängen.

Gebrauchsfrequenz und Sprachwandel

Die Veränderungen sowohl der Struktur morphologischer Formen als auch der Struktur des morphologischen Systems sind bedingt durch die auf die Gebrauchsfrequenz zurückgeführte Sprachökonomie. Hat ein Wort eine hohe Gebrauchsfrequenz, ist es gut im mentalen Lexikon des Sprechers verankert. Es ist darum weniger von sprachlichem Abbau und analogischem Ausgleich betroffen. Wörter mit hoher Gebrauchsfrequenz sind überdies stärker lexikalisiert als solche mit niedriger Gebrauchsfrequenz. Es lässt sich also ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Auftretens eines Wortes und seiner lexikalischen, beziehungsweise zusammengesetzten Wortform ausmachen. Bei häufigem Gebrauch eines Wortes 'lohnt' es sich für den Sprecher, eine kurze und differenzierte Wortform im mentalen Lexikon gespeichert zu haben. Beispielsweise sind die Formen des Verbs sein in nahezu allen Sprachen kurz und weisen mitunter Suppletion auf. Tritt ein Wort hingegen nur selten auf, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es über zusammengesetzte und durch Regeln vorhersagbare Wortformen verfügt, weitaus höher. Die Formen des deutschen Verbs verballhornen etwa sind durchgehend regelmäßig.

Otmar Werner formuliert einen Zusammenhang zwischen der Gebrauchsfrequenz eines Wortes und den verschiedenen Verfahren seiner Beugung. Bei niedriger Gebrauchsfrequenz herrschten expandierende, analytische und periphrastische Verfahren vor, etwa bei der Präteritalform kürte des Verbs küren. Bei hoher Gebrauchsfrequenz hingegen dominierten komprimierende, synthetische und suppletive Verfahren, etwa bei der Präteritalform dachte des Verbs denken (Werner 1987). Veränderungen der Gebrauchsfrequenz führen oft zu morphologischem Wandel. Der Übergang ehemals stark flektierter Verben zur schwachen Flexion, etwa melken oder backen im Deutschen, kann demnach mit der Abnahme der Gebrauchsfrequenz erklärt werden. Eine Zunahme an Gebrauchsfrequenz begünstigt hingegen die Zunahme an Irregularität.

Literatur

Greenberg, Joseph. 1966. Language universals, with special reference to feature hierarchies. La Hague: Mouton.

Werner, Otmar. 1987. Natürlichkeit und Nutzen morphologischer Irregularität. In: Boretzky, Norbert (ed.). 1987. Beiträge zum 3. Essener Kolloquium über Sprachwandel und seine bestimmenden Faktoren. Bochum: Brockmeyer, 289–316.