Euphemismus
IN BEARBEITUNG DURCH DEN AUTOR
I. Einleitung Ein Euphemismus (von griech. εὐφημία Euphemein = Worte von guter Vorbedeutung sprechen) bezeichnet einen sprachlichen Ausdruck, in welchem eine Bedeutungsverhüllung, eine abschwächende oder eine beschönigende Umschreibung der Bedeutung ausgedrückt wird. Hierzu wählt der Sprecher eine Ersatzbezeichnung aus, die mit einer positiven Konnotation versehen ist, und wertet den eigentlichen semantischen Gehalt des sonst unangenehmen Ausdrucks hiermit auf. Stark vereinfacht sind Euphemismen folglich Ersatzbezeichnungen für Anstößiges oder Unangenehmes, wobei der tabuisierte Inhalt im Gegenstand, der Person oder des Sachverhalts liegt, aber das sonst übliche Wort umgangen wird. Im Gegensatz dazu wertet das Gegenstück zum Euphemismus, der Dysphemismus (Kakophemismus), das Bezeichnete ab und versieht es mit einer negativen Konnotation. Als Ursachen für den Gebrauch von Euphemismen lassen sich in erster Linie psychologische und gesellschaftliche Aspekte nennen. Häufig werden Euphemismen realisiert, um bestehende, gesellschaftliche Tabus wie beispielsweise Sexualität, Tod oder Krankheit zu umgehen. Aber auch im politischen und wirtschaftlichen Sprachgebrauch werden Euphemismen verwendet, um unangenehme Themen sprachlich zu realisieren. Dabei ist nicht immer eindeutig, ob die Sache selbst oder nur deren Bezeichnung einem gesellschaftlichen Tabu unterliegt. Generell kann gesagt werden, dass Euphemismen in allen gesellschaftlichen Bereichen Verwendung finden, in denen Sprecher das Bedürfnis haben, etwas mildernd und verschleiernd auszudrücken. Dabei können drei unterschiedliche Funktionen von Euphemismen unterschieden werden: Die mildernde Funktion, die verschleiernde Funktion und die beschönigende Funktion. Dabei ist die Intention des Sprechers von entscheidender Bedeutung. Sie liegt zum einen in der Schonung des Hörers, da dieser nicht mit unangenehmem Inhalten konfrontiert wird. Weiterhin kann ein Vorteil für den Sprecher selbst bestehen, da dessen Gesicht gewahrt wird oder nachteilige Wahrheiten verschwiegen werden können.
II. Funktionen des Euphemismus Es existieren unterschiedliche Funktionen der Euphemismen, deren Einsatz mit der Intention des Sprechers zusammenhängt, um beim Hörer eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Sprecherintention und Hörerwirkung sind bestenfalls deckungsgleich. Die Intention besteht im Falle der Euphemismen in der Aufwertung, Verschleierung oder Beschönigung einer Sache, Person oder eines Sachverhalts. Indem der Sprecher nicht die originäre Bezeichnung verwendet, möchte er den Hörer schonen oder er verspricht sich einen eigenen Vorteil, wenn er anstatt der ursprünglichen Bezeichnung den Euphemismus wählt. Neben der Intention des Sprechers spielt auch die Erwartung des Hörers bei der Funktionsweise des Euphemismus eine bedeutende Rolle. In Anlehnung an Rada (2001: 56ff.) können Euphemismen in drei Gruppen unterteilt werden: In Tabueuphemismen, verschleiernde Euphemismen und Renommiereuphemismen.
1. Tabueuphemismen
Bei den Tabueuphemismen steht die Funktion des Verhüllens im Vordergrund. Sie tritt überall dort auf, wo der eigentliche Kern des Bezeichneten nicht in Erscheinung treten soll. Sie können beschrieben werden als „eine gesellschaftlich bedingte und verlangte Ausdrucksweise, die den als anstößig (weil tabu) empfundenen Aspekt eines Wortes bzw. Begriffes mildernd formuliert“. Im Euphemismus spiegelt sich folglich eine gesellschaftliche Norm wider, die eine euphemistische Ausdrucksweise vorschreibt. (Rada 2001: 65). Bei den Tabueuphemismen werden gesellschaftlich tabuisierte Inhalte umschrieben. Dabei kann durch die Wahl eines Euphemismus auch über einen tabuisierten Sachverhalt gesprochen werden, ohne die gesellschaftliche Norm zu verletzen. Insbesondere bei den Themen Tod, Krankheit, Sexualität und körperlicher Bereich werden Tabueuphemismen verwendet. In der Literatur gilt sie als ursprüngliche Funktion der Euphemismen. (Luchtenberg 1985: 167)
2. Verschleiernde Euphemismen Die Funktion des Verschleierns ist vor allem im politischen und wirtschaftlichen Sprachgebrauch und in der Werbesprache verbreitet. In erster Linie besteht die Intention des Sprechers darin, Sachverhalte, Fehler und Mängel sprachlich zu verharmlosen. Dabei kann von einer Täuschungs- oder Verschleierungsabsicht und in manchen Fällen von der Manipulation des Hörers gesprochen werden.
3. Renommiereuphemismen
Hier wird ein einfacher Sachverhalt oder Gegenstand durch die Wahl einer Ersatzbezeichnung mit einer positiven Konnotation versehen. Euphemismen haben per se einen aufwertenden Charakter. Jedoch wird diese Funktion bei Renommiereuphemismen bewusst eingesetzt. Der Sprecher setzt einen Euphemismus für einen anderen Begriff ein, um den Inhalt in einer für ihn günstigen Art und Weise darzustellen. Dabei werden beispielsweise einfache Gegenstände durch die Sprache aufgewertet und die Meinung des Konsumenten wird umgelenkt. Man kann dabei auch hier oftmals von Manipulation sprechen. (Rada 2001: 82)
4. Die Wirkung von Tabueuphemismen
Die wichtigste Funktion des Euphemismus ist in der Hörererwartung im Hinblick auf gesellschaftliche Tabus zu sehen. Dafür ist unabdingbar, dass sowohl der Sprecher als auch der Hörer Kenntnis vom entsprechenden Tabu haben und in Folge dessen eine euphemistische Ersatzbezeichnung wählen. Die Erwartungen von Sprecher und Hörer müssen folglich übereinstimmen. In diesem Zusammenhang sprechen Strauß/Haß/Harras (1989: 466) von „gemeinsamen Bewertungsgrundlagen“ der Gesprächsteilnehmer. An anderer Stelle wird von Hannappel/Melek die pragmatische Funktion des Euphemismus betont. Haben sowohl der Sprecher als auch der Hörer Kenntnis vom Euphemismus, so ist er nach Hannappel/Melek (1990: 264) als „offener Euphemismus“ zu klassifizieren.
5. Die Wirkung von verschleiernden Euphemismen und Renommiereuphemismen auf den Hörer Grundsätzlich kann zwischen dem anonymen und passiven Hörer unterschieden werden. Ausgangspunkt dieser Betrachtung ist dabei immer der Sprecher, also derjenige, der den Euphemismus produziert. Dabei soll ein Thema für den Standpunkt des Sprechers möglichst positiv präsentiert werden. Dadurch werden die Interessen des Sprechers (beispielsweise Gesichtswahrung) oder die Interessen von ganzen Gruppen (beispielsweise Werbeleute, Politiker) verfolgt. (Rada 2001: 82) In diesem Zusammenhang ist auf die vermittelnde Rolle von Medien beispielsweise im politischen und wirtschaftlichen Sprachgebrauch zu verweisen. Durch die Wiedergabe und Weitergabe verfestigt sich der gewählte Euphemismus beim Hörer. Dabei zeigt sich, dass der Sprecher die Erwartung des Hörers genau abschätzen muss. Je besser dieser bereits über das Thema informiert ist, desto mehr muss der Sprecher auf seine Wortwahl achten. In diesem Fall kann von einem manipulativen Charakter des Euphemismus gesprochen werden, da der Euphemismus bewusst eingesetzt wird, um den Hörer zu täuschen. Rada (2001: 83) spricht in diesem Fall von einem „individuellen Gebrauch der Euphemismen“.
III. Sprachliche Realisation von Euphemismen Es gibt vielfältige Möglichkeiten einen Euphemismus zu bilden. Dazu wird das bereits vorhandene Sprachmaterial der Gemeinschaft verwendet. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass Euphemismen per se keinen euphemistischen Gehalt haben müssen, da sie im Sprachgebrauch noch andere Funktionen aufweisen. Dabei kann zwischen zwei Arten unterschieden werden. Zum einen Euphemismen, welche die eigentliche aufwertende Bedeutung erst in ihrem bestimmten Verwendungskontext erlangen. Diese können dann als okkasionelle Euphemismen bezeichnet werden, da der Gebrauch vom Sprachgebrauch des jeweiligen Sprechers abhängt. Oft treten diese Euphemismen in einem konkreten Kontext auf und verschwinden anschließend wieder. Daneben gibt es aber auch Lexeme, welche bereits mit dem Merkmal „euphemistisch“ markiert sind. So kann das Wort Scheißhaus als eindeutig vulgär gekennzeichnet werden. Toilette ist als neutral zu beschreiben und WC als ein Euphemismus, welcher aus dem Akronym gebildet wurde. An dieser Stelle haben bereits Lexikalisierungsprozesse eingesetzt und der euphemistische Gebrauch ist fester Bestandteil des Wortes geworden. (Rada 2001: 87)
1. Möglichkeiten der Bildung Eine Möglichkeit einen Euphemismus zu bilden ist die Aspektbetonung. Dabei wird ein Aspekt der Bedeutung, welcher nicht negativ konnotiert ist, als Teil für das Ganze verwendet. So ist im Euphemismus austreten für zur Toilette gehen nur der Aspekt des aus dem Raums gehen betont. Weiterhin besteht die Möglichkeit, einen verallgemeinernden Ausdruck zu wählen. Anstatt den unangenehmen Ausdruck Penis zu verwenden, lässt sich viel allgemeiner von dem Ding reden. Für den Ausdruck sie hatten Geschlechtsverkehr kann von sie haben es getan geredet werden. Im politischen Bereich werden Euphemismen oftmals mithilfe von Leerformeln gebildet. Das sind sprachliche Ausdrücke, welche aufgrund ihrer Abstraktheit inhaltlich kaum definiert und je nach Kommunikationspartner anders aufgefasst werden können. Ein Beispiel dafür ist der Begriff Solidarität. Auch mithilfe von Zahlen können Euphemismen gebildet werden. 00 auf einem Schild steht für die Toilette und 666 ist eine Ersatzbezeichnung für den Teufel. Ein Bereich aus welchem viele Euphemismen entstammen, sind die Fremdwörter. Ein Grund für die häufige Verwendung ist, dass die eigentliche Bedeutung oft nicht klar ist und damit eine verschleiernde Wirkung erzielt wird. Diese Art der Euphemismen werden insbesondere in der Werbung genutzt. So wird für ein Deodorant mit einem 72 Stunden Anti-Transpiranz-Schutz geworben, um die negativ konnotierten Wörter schwitzen und Schweiß zu umgehen. Auch das Auslassen von bestimmen Inhalten kann als Euphemismus definiert werden. Dabei werden Wörter verkürzt oder ganz ausgelassen. Die eigentliche Bedeutung des Wortes kann dann durch das Syntagma erschlossen werden. In dem Satz Mein Bruder hat ein bisschen zu viel wurde das Akkusativobjekt weggelassen und kann vom Gesprächspartner ergänzt werden. Dabei kann es sich in diesem Fall entweder um unterschiedliche Begriffe wie Körpermasse oder Alkohol getrunken handeln. Eine weitere Möglichkeit Euphemismen zu bilden, ist das tabuisierte oder unangenehme Wort durch eine Abkürzung unkenntlich zu machen. Aus den Wörtern Büstenhalter und Watercloset wird durch Verwendung der Anfangsbuchstaben der Kompositionsbestandteile BH und WC. Neben der Möglichkeit die Anfangsbuchstaben zu verwenden, kann das Wort auch gekürzt werden wie beispielsweise Alki von Alkoholiker. Da diese Wörter jedoch in ihrem Gebrauch konventionalisiert wurden und teilweise als Ersatz für den eigentlichen Begriff verwendet werden, weisen diese kaum noch eine verhüllende Wirkung auf. Sie dienen lediglich dazu, die vielleicht unangenehmen Wörter wie Büste, Closet oder Alkoholiker nicht verwenden zu müssen. Auch durch lautliche Differenzierung lässt sich ein Euphemismus bilden. Dabei wird der eigentliche Begriff durch phonologische Veränderungen abgeändert oder sogar unkenntlich gemacht. Daher kann das Wort Popo als Euphemismus gelten. Die einzelne Silbe Po wurde verdoppelt und das Wort erhält eine Art verniedlichenden Charakter. Auch das anstößige Wort Scheiße kann durch eine lautliche Veränderung zu Scheibenkleister weniger anstößig wirken.
IV. Anwendungsgebiete Euphemismen kommen in praktisch allen Lebensbereichen vor. Dabei gibt es sogar zahlreiche Euphemismen, die Eingang in den konventionellen Sprachgebrauch gefunden haben. Als Beispiel dafür lassen sich die vielfältigen Ersatzbezeichnungen für Klo nennen. Stattdessen werden euphemistische Ausdrücke wie WC verwendet. Ist das der Fall, kann der euphemistische Inhalt Bestandteil des Lexems werden und schließlich auch in ein Wörterbuch aufgenommen werden. Einsatzgebiete von Euphemismen Euphemismen werden in sämtlichen Bereichen des Lebens eingesetzt. Es finden sich jedoch Bereiche, in denen sie gehäuft auftreten, beziehungsweise bewusst eingesetzt werden.
Euphemismen im politischen und ökonomischen Sprachgebrauch Im politischen Sprachgebrauch treten Euphemismen besonders häufig auf. Dies betrifft nicht nur den Bereich der political correctness. Politikerinnen und Politiker sind um ein positives öffentliches Bild bemüht, da hiervon unter anderem ihre Machtperspektive bei der nächsten Wahl und die gesellschaftliche Mehrheitsfähigkeit in strittigen Sachfragen abhängen. Insbesondere bei Entscheidungen die negative Auswirkungen für Bürgerinnen und Bürger zur Folge haben, sind sie um die sprachliche Verschleierung der Tatsachen bemüht. Im politischen Sprachgebrauch kann zwischen öffentlicher und interner Kommunikation unterschieden werden. Im Folgenden wird nur der öffentliche Sprachgebrauch im Fokus stehen, da gerade hier der verschleiernde und beschönigende Charakter von Euphemismen anschaulich erläutert werden kann. Im politischen Sprachgebrauch werden unterschiedliche sprachliche Strategien angewandt. So erfolgt die Abwertung des politischen Gegners durch Stigmawörter oder Diffamierung des politischen Gegners. Zur Aufwertung und Verteidigung der eigenen Position dienen Schlag- oder Fahnenwörter, die die Bestrebung offenlegen, bestimmte Begriffe semantisch so zu besetzen, wie es den Zielen und Interessen der Partei entspricht. (Rada 2001: 67) Insbesondere in den Bereichen Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Außen- und Innenpolitik und in der Umweltpolitik werden Euphemismen verwendet. Exemplarisch soll das an dem Beispiel der Umweltpolitik verdeutlicht werden. Die Umweltpolitik ist ein brisantes Thema, da die Menschheit die Umwelt zunehmend belastet. Die drohenden Risiken und Katastrophen sollen mithilfe von Euphemismen verschleiert werden. Wenn statt des Begriffes Luftverpestung von der Schadstoffemission gesprochen wird, kann die Ernsthaftigkeit der Lage umgangen werden. (Rada 2001: 69) Die Euphemismen im ökonomischen Sprachgebrauch weisen eine große Nähe zu denen im politischen Sprachgebrauch auf. Insbesondere in den Bereichen, in denen es um die Verkündung von schlechten Nachrichten geht, werden Wörter und Formulierungen gewählt, die als Euphemismus zu klassifizieren sind. So wird der Begriff der Entlassung durch den Begriff der Optimierung ersetzt und verleiht den Vorgängen einen positiven Charakter.
Werbung In der Werbung steht in erster Linie die Funktion des Verschleierns im Mittelpunkt. (Luchtenberg 1985: 63) Hier werden Fehler oder eine mindere Qualität des Produktes durch eine Umschreibung verschleiert. In dem Begriff Webpelz wird dem Kunden zunächst nichts Negatives suggeriert, da das Kompositum den Bestandteil –pelz enthält. Dass es sich dabei aber um einen unechten Pelz, also um synthetisch hergestelltes Baumwoll-Acryl-Produkt handelt, wird nicht deutlich. Ein weiterer Aspekt der Werbesprache sind so genannte Tabuwörter, die den Kunden abschrecken würden. So wird bei billigen Produkten die Erwähnung des Begriffs billig umgangen, da billig oftmals mit einer minderen Qualität assoziiert wird. Stattdessen spricht man von preiswerter Ware. (Rada 2001: 73) In der Werbung sind außerdem häufig medizinisch-technische Fachwörter anzutreffen, insbesondere in der Werbung der Kosmetikbranche. Wenn für eine Hautcrème mit dem Begriff Q10 geworben wird, assoziiert der Konsument das mit einer hochentwickelten, wissenschaftlich ausgereiften Technik.
Berufsbezeichnungen Im Falle von Berufsbezeichnung sind euphemistische Ersatzbezeichnungen besonders häufig zu finden. Sie sind der Gruppe der Renommiereuphemismen zuzuordnen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Beruf mit einem niedrigen gesellschaftlichen Prestige verbunden ist. Der Euphemismus wertet den Beruf gegenüber den bisherigen Bezeichnungen auf, auch wenn der Euphemismus nicht die tatsächliche Stellung des Berufs widerspiegelt. Gleichzeitig verhüllt der Euphemismus aber auch häufig die tatsächliche Berufstätigkeit. Gründe für die Verwendung von Euphemismen bei Berufsbezeichnungen sind Höflichkeit gegenüber den Berufsausübenden und das Streben nach höherem Sozialprestige. Darüber hinaus spielen die Berufsbezeichnungen gerade in Textsorten wie der Stellenanzeige oder der Werbeanzeige eine bedeutsame Rolle. Hier wird die Ersatzbezeichnung zur Gewinnung von Arbeitskräften gewählt. Besonders anschaulich kann das bei den alten Berufsbezeichnungen Putzfrau und Hausmeister gezeigt werden. Diese wurden zu Raumpflegerin bzw. facility manager euphemisiert. Im Falle von Hausmeister wird die deutsche Bezeichnung Haus durch die englische Bezeichnung facility ersetzt. Das führt zu einer Verschleierung, da die genaue Bedeutung des englischen Wortes nicht allen bekannt ist. Weiterhin wird das –meister durch den Begriff –manager ersetzt, was durch Ähnlichkeitsbeziehungen zu Fußballmanager oder Finanzmanager positive Assoziationen hervorruft. Der Begriff vermittelt ein höheres Maß an Verantwortung. Generell lässt sich feststellen, dass englische Berufsbezeichnungen traditionell ein Zeichen von Berufen sind, die mit einem hohen gesellschaftlichen Prestige ausgestattet sind. In der Fachliteratur haben sich in Hinblick auf die Beurteilung dieser Euphemismen zwei unterschiedliche Meinungen herausgebildet. Eine Gruppe um Luchtenberg und Ayto vertritt die Auffassung, dass „nur bei solchen Umschreibungen von Euphemismen geredet werden darf, deren Referenten der Beschönigung bedürfen.“ Die zweite Gruppe vertritt die Meinung, dass die Euphemismen neben den bisherigen Bezeichnungen existieren, sich verbreiten und zu einer inhaltlichen Aufwertung des Bezeichneten führen. (Rada: 2001: 79)
Körperlicher Bereich und Sexualität Im körperlichen Bereich und der Sexualität werden insbesondere Ersatzbezeichnungen für den Geschlechtsverkehr, Genitalien, Krankheiten und Ausscheidungen des Körpers euphemisiert. Sie sind der Gruppe der Tabueuphemismen zuzuordnen. Insbesondere für die Genitalien gibt es viele, wenn auch zum Teil scherzhaft gemeinte Euphemismen. Das liegt insbesondere daran, dass durch gesellschaftliche Konvention der komplette Bereich des Geschlechtlichen tabuisiert ist. Folglich sind die in diesem Bereich verwendeten Euphemismen, den Tabueuphemismen zuzuordnen. Dabei hängt die Verwendung von Euphemismen immer von der persönlichen Einstellung beziehungsweise Entwicklungsstufe des Sprechers, aber auch von der jeweiligen pragmatischen Situation ab. Für das männliche Geschlechtsteil existieren Begriffe wie Glied, Rohr oder Latte.
Abgrenzung von anderen Begriffen Mitunter ist bei einem Begriff nicht immer sofort klar, ob es sich tatsächlich um einen Euphemismus handelt. Insbesondere die Abgrenzung zwischen Metapher und Euphemismus ist nicht immer eindeutig. Der Euphemismus und die Metapher sind beide dem Teilbereich der Semantik zuzuordnen, da sie nicht an ihrer Gestalt, sondern an ihrem Inhalt auszumachen sind. Es handelt sich bei beiden um sprachliche Formen und Sprach(neu)schöpfungen. Der Tabuzwang ist häufig als gemeinsames Entstehungsgebiet zu beachten. (Luchtenberg 1985: 190) Eine wichtige Gemeinsamkeit von Euphemismus und Metapher ist auch die schöpferische Leistung, die beiden zugesprochen wird. Zudem ist eine Ähnlichkeit von Euphemismus und Metapher in der Zuordnung zu langue und parole zu sehen. Da die Sprachschöpfung für Metaphern wie Euphemismen zunächst als einmaliges Ereignis auf Ebene der parole geschieht. Dabei wird jedoch auf das in der langue vorhandene Material zurückgegriffen. Auch auf der Funktionsebene ähneln sich Metapher und Euphemismus. Beide können verschleiern, beschönigen oder verhüllen. Die Metapher hat aber darüber hinaus weitere Funktionen, vor allem die Behebung der Ausdrucksnot in vielerlei Hinsicht. Darüber hinaus unterscheidet sich auch die Intention des Sprechers bei der Bildung der Metapher und des Euphemismus: Bei letzterem geht es um die Milderung eines „unangenehmen Gefühlsausdrucks“ und bei ersterem will der Sprecher ein ästhetisches Vergnügen erschaffen. (Luchtenberg 1985: 191) Die Ähnlichkeiten in großen Bereichen haben dazu geführt, dass ein Teil der Euphemismen im Deutschen gleichzeitig als Metapher zu klassifizieren sind. Für diese hat sich mit der Bezeichnung Metapherneuphemismus ein eigener Begriff herausgebildet. Dabei ist zu beachten, dass einige Metaphern erst im jeweiligen Kontext euphemistischen Charakter annehmen.
Euphemismustretmühle Die Euphemismustretmühle ist ein linguistisches Konstrukt, nach welchem ein Euphemismus nach einer gewissen Zeit die negative Konnotation des Ursprungsbegriffes annimmt. An dieser Stelle liegt der gegenteilige Prozess der Lexikalisierung vor. Die euphemistische Bedeutung kann sich nicht fest mit dem Lexem verbinden und wird deshalb wieder durch eine neutrale oder dysphemistische Bedeutung verdrängt. Geprägt wurde der Begriff von dem US-amerikanisch-kanadischen Hochschullehrer Steven Pinker. Wenn ein Euphemismus usuell wird, kann die euphemistische Bedeutung also verloren gehen. Das kann durch Neutralisierung oder sogar durch Pejorisierung geschehen. (Rada 2001: 88) Insbesondere bei verschleiernden Euphemismen und Renommiereuphemismen tritt das beschriebene Phänomen auf, da hier der bezeichnete Inhalt eine gesellschaftliche Brisanz aufweist. Indem ein Begriff durch einen Euphemismus ersetzt wird, möchte man die Brisanz des Themas umgehen. Jedoch lädt sich der Euphemismus durch die Verwendung im gesellschaftlichen und medialen Diskurs erneut mit einer negativen Konnotation auf und die beschönigende Wirkung geht nach und nach verloren. Aus diesem Grund muss dann ein neuer Euphemismus gewählt werden. Verdeutlicht werden kann das Phänomen an dem Begriff Ausländer, welcher zunächst ein neutraler Begriff war. Durch den Zuzug von insbesondere Gastarbeitern und Flüchtlingen wurden Ausländer zu einem politischen Thema. Aus Gründen von political correctness und um das brisante Thema zu entschärfen, wählte man in der Folge den Begriff Migranten. Dies führte nicht zur Lösung des gesellschaftlichen Problems. Im gesellschaftlichen Diskurs wurde in der Folge über die gleichen Inhalte diskutiert. Der Prozess der Abwertung hat zur Folge, dass die intendierte Wirkung auf den Empfänger stark herabgesetzt ist oder gar nicht mehr eintritt. Anstelle des Begriffs Ausländer wurde daher Migrant gewählt. Dadurch hat sich Migrant mit einer ähnlichen negativen Konnotation aufgeladen wie Ausländer.