Mangghuer

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Das Mangghuer (ISO 639-3: mjg), auch Monguor, Tu oder Tuzu genannt, ist eine mongolische Sprache. Sie wird in China, in den Provinzen Gansu [1] und Qinghai[2] gesprochen.

Soziolinguistische Situation

Mangghuer wird noch von ca. einem Viertel der Population der Monguor oder Tu gesprochen. Die aus dem Chinesischen stammede Bezeichnung Tu wird jedoch von den Sprechern selbst als pejorativ empfunden. Es gibt nur sehr wenige monolinguale Sprecher. Als Zweitsprachen werden vor allem Amdo ([3])-Tibetisch und Chinesisch gelernt. Aufgrund des starken Sprachkontakts hat die Sprache viele Merkmale von den (im weitesten Sinne) umliegenden tibetischen, sinitischen und türkischen Sprachen übernommen. Mangghuer gehört zum Qinghai-Gansu-Sprachbund ([4]). Man kann die Sprache in den Huzhu-Dialekt und den Minhe-Dialekt unterteilen. Die Dialekte unterscheiden sich hauptsächlich in ihrer Phonologie.

Phonologie und Orthographie

Mit seinem Phoneminventar und der einfachen Silbenstruktur (maximal CCVC) ähnelt Mangghuer sehr den umliegenden sinitischen Sprachen. Deshalb konnte die für das Chinesische entwickelte Pinyin ([5])-Umschrift gut für das Mangghuer adaptiert werden. Die Entwickler waren Zhu Yongzhong, Wang Xianzhen, Hu Ping und Hu Jun (alle Muttersprachler des Mangghuer). Es gibt nur ein kleines Set von Onset-Clustern und wenige Koda-Konsonanten, das sich vereinfacht wie folgt darstellen lässt:

(a) wenn C1C2, dann ist C2 /y,w/, C1 ist nicht identisch mit C2, C1 ist nicht /ng/
(b) wenn nur C2, dann ist C2 nicht /ng/
(c) C3 ist /r, ng, n, y, w/

Vokalharmonie als ein häufiges Merkmal mongolischer Sprachen gibt es im Mangghuer nicht. Wir haben es trotz starkem sinitischen Einfluss auch nicht mit einer Tonsprache zu tun. Die Betonung ist vorhersagbar, ursprünglich mongolische Wörter werden üblicherweise auf der letzten Silbe betont. In Wörtern mit sinitischen Wurzeln jedoch ist eine Entwicklung hin zu phonemischen Unterschieden in der Betonung, i.e. zu Ton zu beobachten, wenn sie Hochtöne auf nicht-finalen Silben tragen.


Morphosyntax

Mangghuer ist eine kopf-finale SOV-Sprache: Die Argumente stehen vor dem Verb, nominale Modifikatoren und Relativsätze stehen vor dem Nomen, und es gibt Postpositionen. Es gibt ausschließlich Suffixe und Enklitika. Klitika sind Affixe, welche nicht auf eine bestimmte Wortkategorie spezialisiert sind, sondern am Ende von Phrasen erscheinen, d.h. Nominalphrasen, Postpositionalphrasen, oder nominalisierten Sätzen. Sie sind jedoch im Gegensatz zu Postpositionen phonologisch keine eigenen Wörter, was man im Mangghuer daran sehen kann, dass sie zu der Domäne der Wortbetonungsregel gehören. Klitika im Mangghuer markieren Kasus und Possession:

=ni Akkusativ
=ni Genitiv
=la Instrumental/Komitativ
=tai Komitativ
=du Dativ
=sa Ablativ
=ji Direktiv
=nang Reflexiv Possessiv
=ni Possessiv


Nomen: Neben einfachen Nomen gibt es noch abgeleitete, nominalisierte Nomen, zum Beispiel Agensnomen durch das Suffix -qin, wie in kerliqin ´Bettler´von kerli ´fragen´. Es gibt auch Komposita, wie z.B. kuer wang ´Fußabdruck´. Adjektive können auch als Nomen verwendet werden.

Das Pronomen-Paradigma zeichnet sich durch zahlreiche suppletive Formen aus. So werden zum Beispiel im Plural neben Pluralsuffixen auch andere Stämme verwendet. Auch scheint es regionale Unterschiede, und Unterschiede im gewählten Register der Sprache zu geben.

Adjektive sind dadurch charakterisiert, dass sie das Komparativ-Suffix -her nehmen können, und durch hudu ´sehr´modifiziert werden können, wie in hudu zaihang xujun ´sehr schöne Tochter´. Eine alternative Konstruktion für durch Adjektive modifizierte Nominalphrasen ist mit einem Genitiv am Adjektiv, die vermutlich auch auf sinitischen Einfluss zurückzuführen ist.

Verben werden nach Tempus, Aspekt, Modus und Person flektiert, und nach der Beteiligung/Perspektive des Sprechers zur Handlung. Die letzte Kategorie, die ausdrückt, inwieweit der Sprecher von der ausgedrückten Handlung betroffen oder in sie involviert ist, ähnelt sehr stark dem Evidentialsystem der tibetischen Sprachen.

Es gibt verschiedene Verbalisierer. Die häufigsten sind -la und -ke für Nomen, und -tu für Adjektive. Beispiele wären burerla ´kalben´ aus burer ´Kalb´, und shuguotu ´groß werden´ von -shuguo ´groß´.

Valenzverändernde Konstruktionen

Verben mit unterschiedlicher Valenz

Manche Verben haben verschiedene Valenzrahmen. In Beispiel (1) ist es dasselbe Verb, welches sowohl die Bedeutung von dt. "füttern" als auch von "verfüttern" hat. In (1a) ist das direkte Objekt der Rezipient, in (1b) ist es das Patiens. In (2) ist es der Unterschied zwischen dt. "etwas reiten" und "auf etwas reiten". Man sieht den Unterschied der Valenz am Dativ-Objekt in (b).

  • (1a)
bi asi-si=nang tiejie-ni
1:SG livestock.PL=REFLPOSS feed-SUBJ:FUT

Ich werde mein Vieh füttern.


  • (1b)
kebeghe=nang bi mori=du=nang tiejie-ni
wheat:bran=REFLPOSS 1:SG horse=DAT=REFLPOSS feed-SUBJ:FUT

Ich werde meinen Weizen an meine Pferde verfüttern.


  • (2a)
mori-si=nang wuni
horse-PL=REFLPOSS ride

Er ritt seine Pferde.


  • (2b)
tingsa qi muni tiemie=du wuni sao a
then 2:SG 1:SG:GEN camel=DAT ride sit PRT

Dann kannst du auf meinem Kamel reiten.


Kausativ

Intransitiv zu transitiv:

  • (3a)
gan=ni aguer=ni bieqin ber-jiang
3:SG=GEN daughter=GEN illness become-OBJ:PERF

Die Krankheit seiner Tochter wurde besser/linderte sich.


  • (3b)
qi gan=ni aguer=ni ber-gha-lang
2:SG 3:SG=GEN daughter=ACC become-CAUSE-OBJ:IMPERF

Du (kannst) seine Tochter gesund machen.


Transitiv zu ditransitiv:

Bei Kausativierungen transitiver Handlungen wird das ursprüngliche Subjekt (NOM) zum Kausatum und bekommt Dativ-Kasus, der Kausativ-Agens A1 bekommt Nominativ. Das Patiens bleibt im Akkusativ. (Hierarchie: NOM → AKK → DAT)

  • (4a)
qi muni mugha=ni bao di
2:SG 1:SG:GEN meat=ACC PROHIB eat

Iss nicht mein Fleisch.


  • (4b)
tasi muni songziwer=ni nangda di-gha-ji?
2:PL 1:SG:GEN grandson=ACC 1:SG:DAT eat-CAUS-IMPERF

Warum hast du mich dazu gebracht, meinen Enkel zu essen? (aus einer Legende)

Die Kasusvergabe ist abhängig von der Valenz des Verbs, nicht von der Anzahl der overten Argumente:

  • (5)
Laoye gan=du ge ji-gha-jiang bai
living:buddha 3:SG=DAT once look-CAUS.OBJ:PERF EMPH

Der Lebende Buddha ließ ihn sehen.


Andere themantische Rollen, die vom DAT (auch in Kausativkonstruktionen) abgedeckt werden, sind Lokativ und Benefaktiv. Vom Kontext wird deutlich, ob es sich dabei um ein A2 der Kausativkonstruktion handelt oder um ein Lokativ-/Benefaktiv-Objekt.

  • (6)
Jie=ni aguer=du tuosi kaker di-gha-ku ger=du sao-gha-lang
self=GEN daughter=DAT oil cake eat-CAUSE-IMPERF house=DAT sit-CAUSE-OBJ:IMPERF

(Die Stiefmutter) ließ ihre eigene Tochter Ölkuchen essen und zu Hause sitzen.

Weitere Bemerkungen

  • (i)

Es gibt kein Passiv im Mangghuer, die Funktion eines Passivs (Hervorhebung des Objekts im Diskurs) wird durch Objekt-Voranstellung hergestellt.

  • (ii)

Reflexive Handlungen werden durch Pronomen ausgedrückt.

  • (iii)

Es gibt Auxiliarverben, welche mit der Valenz interagieren, sie jedoch nicht verändern. Sie können die Transitivität einer Handlung, oder die Betroffenheit eines Rezipienten von einem Ereignis betonen. Ihr Einsatz ist jedoch von diskurs-spezifischen Erfordernissen abhängig, d.h. vom Ermessen des Sprechers.


Abkürzungen

1,2,3 Person
DAT Dativ
FUT Futur
OBJ Objekt
PL Plural
REFLPOSS Reflexiv-Possessiv (mein/dein/sein... eigenes)
SG Singular
SUBJ Subjekt


Literatur

Slater, Keith 2003: A GRAMMAR OF MANGGHUER. London: Routledge Curzon.

Links

http://emeld.org/school/case/monguor/about.html

http://www.ethnologue.com/show_language.asp?code=mjg