Textanalyse

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Definition

Unter Textanalyse versteht man die Untersuchung von Texten zwecks Beschreibung ihrer Strukturen, Funktionen und Themen.

Kommentare

Nach Brinker setzt sich die linguistische Textanalyse das Ziel, die Struktur, d. h. den grammatischen und thematischen Aufbau sowie die kommunikative Funktion konkreter Texte transparent zu machen und nachprüfbar darzustellen (Brinker 1992 (1985): 8).

Brinker analysiert Texte

  • 1. unter strukturellem Aspekt,
  • 2. unter kommunikativ-funktionalem Aspekt,
  • 3. unter dem Aspekt von Textsorten.

Textstrukturen

Bei den Analysen von Textstrukturen unterscheidet er die grammatischen Bedingungen der Textkohärenz (explizite und implizite Wiederaufnahme) (Brinker 1992: 26 ff) und die thematischen Bedingungen der Textkohärenz (Entfaltung der Textthemen) (41 ff).

Brinker differenziert textuelle Grundfunktionen (auf der Grundlage der Sprechakttheorie):

  • Informationsfunktion (98 ff),
  • Appellfunktion (101 ff),
  • Obligationsfunktion (109 ff),
  • Kontaktfunktion (111 f),
  • Deklarationsfunktion (112 f),

wobei die poetische Funktion von Texten ausdrücklich nicht berücksichtigt wird (Brinker 1992 (1985): 98, Anmerkung 63).

Textsorten

Für die Unterscheidung von Textsorten schlägt Brinker vor, die Textfunktion als Basiskriterium gelten zu lassen (125 f) und in einzelnen Analyseschritten

  • die Kommunikationsform (z. B. direktes Gespräch, Telefongespräch, Fernsehsendung) (126 ff),
  • die Themenentwicklungen und
  • die Verwendung textsortenspezifischer sprachlicher Mittel zu untersuchen und zu beschreiben (130 ff).

Methoden

Methoden der Textanalyse gehen von unterschiedlichen Voraussetzungen aus (z. B. einem integrativen oder modularen Textverständnis) und haben verschiedene Schwerpunkte. Im Mittelpunkt von Textanalysen steht häufig das Textthema, allerdings bei unterschiedlichem Themaverständnis.

  • So geht Daneš in seinem bereits 1970 vorgestellten Analysemodell von der Thema-Rhema-Gliederung aus und bezieht den Themabegriff auf Satzthemen (Daneš 1978 (1970)). Deren Abfolge in benachbarten Sätzen und die Relationen zwischen ihnen in Satzsequenzen klassifiziert Daneš als Typen der thematischen Progression.
  • Nach Brinker signalisiert der Text als Ganzes eine erkennbare kommunikative Funktion (Brinker 1992 (1985): 17), der das Hauptthema eines Textes am stärksten entspreche, von dem sich die Nebenthemen ableiten lassen (52). Unter thematischer Entfaltung versteht Brinker die gedankliche Ausführung des Themas, die durch kommunikative und situative Faktoren gesteuert wird (56). Bei der Analyse des Themas ist nach Brinker eine Orientierung an der Wiederaufnahmestruktur (als grammatischer Trägerstruktur thematischer Zusammenhänge) möglich (40 f, 52).
  • Für Lötscher ist der Text eine Handlung zur Beseitigung eines Defizits (Lötscher 1987: 81 f, 125) und das Thema eines Textes ein defizitäres Objekt, dessen Mangel durch die Themenbehandlung behoben werde (83 f). Der Mangel z. B. eines argumentativen Textes bestehe in der nicht vorhandenen Akzeptanz einer Proposition (83 f). Bei Analysen der Themenstruktur beschreibt Lötscher verschiedene Möglichkeiten der Themenverknüpfung (149 ff).
  • Nach Klein und von Stutterheim kann ein Text als Antwort auf eine (explizite oder implizite) Frage, die Quaestio des Textes verstanden werden, die dessen globale und lokale Struktur bestimme (Klein & von Stutterheim 1992: 69 ff). Der Textaufbau unterliege globalen Beschränkungen, die aus der komplexen Gesamtvorstellung resultieren (69) und sich auf den Inhalt beziehen, aber auch die Möglichkeiten bei der Wahl sprachlicher Mittel verringern (79).
  • Greimas (1971 (1966)) und Rastier (1974 (1972)) schlagen für Textanalysen die Beschreibung von Textisotopien und Isotopierelationen im Text vor. Weinrich (1978) erklärt Textpartituren, indem er die Verben eines Textes unter grammatischen Aspekten untersucht.
  • Kintsch und van Dijk untersuchen in ihrer Propositionsanalyse Texte als Gefüge von Propositionen, zwischen denen bestimmte Relationen bestehen. Sie nehmen auch Makropropositionen an, die die Hauptaussagen der Texte repräsentieren (Kintsch & van Dijk 1978: 372). Über die Erweiterung der Propositionsanalyse um ein Situationsmodell entwickeln van Dijk und Kintsch ein Strategiemodell, nach dem sich das Textverstehen aus der Interaktion der Textverwender mit den Texten ergibt (van Dijk & Kintsch 1983: 362). Ziel komplexer Textverstehensstrategien ist die Konstruktion einer Textbasis (11).
  • Die Analysen von Illokutionsstrukturen basieren auf modularem Verständnis, nach dem relativ autonome Module der Pragmatik und Grammatik bei der Textproduktion interagieren. Das Illokutionswissen wird dabei als selbstständiges Kenntnissystem aufgefasst (Motsch & Viehweger 1991: 117). Durch Übertragung des Illokutionsbegriffs von der Ebene einzelner Sprechakte auf die Ebene von Sätzen wird ein mehrschichtiges Textmodell mit einer hierarchisch geordneten Illokutionsstruktur entworfen, nach dem dominierende Illokutionen durch subsidiäre Illokutionen gestützt werden (Motsch & Viehweger 1991: 121 ff, Motsch 1996: 9 ff).

Siehe auch

Textthema, Textfunktion, Textisotopie, thematische Progression, thematische Entfaltung, Textpartitur, Propositionsanalyse, Strategiemodell, Wiederaufnahme, Textstruktur, Textinhalt, Textthema, Illokutionsstruktur, Illokutionswissen

Link

Literatur

  • Brinker, Klaus. 1992. Textlinguistik. Heidelberg: Groos.
  • Daneš, František. 1978. Zur linguistischen Analyse der Textstruktur. In Textlinguistik (= Wege der Forschung 427).Dressler, Wolfgang (Hrsg.), 185-192. (1970 in Folia Linguistica IV/70, 72-78).
  • van Dijk, Teun A. & Kintsch, Walter. 1983. Strategies of Discourse Comprehension. New York/London: Academic Press.
  • Klein, Wolfgang & von Stutterheim, Christiane. 1992. Textstruktur und referentielle Bewegung. In Textlinguistik: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 86. Klein Wolfgang (Hrsg.), 67-92.
  • Kintsch, Walter & van Dijk, Teun A.. 1978. Toward a Model of Text Comprehension and Production. In Psychological Review 85/78, 363-394.
  • Lötscher, Andreas. 1987. Text und Thema. Studien zur thematischen Konstituenz von Texten (= Reihe Germanistische Linguistik 81). Tübingen: Niemeyer.
  • Motsch, Wolfgang. 1996. Ebenen der Textstruktur. Begründung eines Forschungsprogramms. In Ebenen der Textstruktur: sprachliche und kommunikative Prinzipien (= Reihe Germanistische Linguistik 164). Motsch, Wolfgang (Hrsg.), 3-33. Tübingen: Niemeyer.
  • Motsch, Wolfgang & Viehweger, Dieter. 1991. Illokutionsstruktur als Komponente einer modularen Textanalyse. In: Brinker, Klaus (Hrsg.) Aspekte der Textlinguistik (= Germanistische Linguistik 106/107). Hildesheim/Zürich/New York: Olms.: 107-132.